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Achtsam morden am Rande der Welt

Roman von Karsten Dusse
Seitenanzahl:400 Seiten
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht:2021
Verlag: Heyne Verlag
ISBN:978-3-641-26518-2
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Kurztext / Annotation

Finde dich selbst. Bevor es ein anderer tut.
Um der Midlifecrisis zu entgehen, begibt sich Björn Diemel auf Anraten seines Therapeuten auf Pilgerreise. Schnell stellt sich als Erkenntnis auf dem Jakobsweg heraus, dass Björns Leben die Mitte bereits längst überschritten haben könnte: Ein unbekannter Mitpilger versucht, ihn zu töten.

Während bei den scheiternden Anschlägen auf ihn ein Pilger nach dem anderen seinen Lebensweg verlässt, versucht Björn ganz achtsam, sich seiner Haut zu wehren. Seine Pilger-Fragen nach Leben, Tod und Erfüllung bekommen plötzlich eine sehr praxisnahe Relevanz.

KARSTEN DUSSE, Jahrgang 1973, Rechtsanwalt, Studium in Bonn, Lausanne und Los Angeles. Nach erfolgreicher Tätigkeit als Drehbuch- und Sachbuchautor wurde sein Debütroman ACHTSAM MORDEN zum meistverkauften Taschenbuch des Jahres 2020.
Seine Romane wurden bislang in 22 Sprachen übersetzt und stehen regelmäßig an der Spitze der Bestsellerlisten. Ausgezeichnet wurde seine Arbeit mit dem Deutschen Fernsehpreis, dem Deutschen Comedypreis und dem Deutschen Hörbuchpreis. Seine Hörbücher haben Gold- und Platin-Status erreicht.

Beschreibung für Leser

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

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ICH MÖCHTE VON ANFANG an ehrlich sein: Ich war nie ein großer Freund des Pilgerns.

Pilger waren für mich immer Menschen mit Luxusproblemen und Multifunktionskleidung. Wer es sich leisten konnte, wochenlang zur Selbstfindung mit einem Sonnenhut durch Spanien zu wandern, hatte offensichtlich zumindest nicht so banale Probleme wie Kind und Beruf unter welche Kopfbedeckung auch immer zu bringen. Wochenlang gegen seine seelische Armut anzupilgern musste man sich zeitlich und finanziell erst einmal leisten können.

Dass Familie und Arbeit kein Hindernis, sondern vielleicht gerade ein guter Grund für eine Pilgerschaft sein könnten, kam mir in der ersten Hälfte meines Lebens nie in den Sinn. Dass sich das nach fünfundvierzig Jahren ändern könnte, ahnte ich noch nicht, als ich dieses Mal an der Tür meines Therapeuten Joschka Breitner klingelte.

Früher hielt ich Therapeuten für ungefähr so sinnvoll wie Golflehrer. Sie verbessern Handicaps, die im Alltag eher eine untergeordnete Rolle spielen. Doch dann lernte ich Joschka Breitner kennen. Weil mich Katharina, die Mutter meiner Tochter und damals noch meine Frau, zur Entspannung gezwungen hatte.

Joschka Breitner brachte mir die Achtsamkeit näher. Und ein mittleres Wunder geschah: Mithilfe der Achtsamkeit war ich dazu in der Lage, alle drei Arten von Problemen im Leben eines Mannes zu lösen. Die Probleme, die ich schon lange hatte. Die Probleme, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie hatte. Und die Probleme, die täglich neu in mein Leben traten.

Joschka Breitner und die Achtsamkeit hatten mein Leben verändert. Ich ging jetzt zum Therapeuten, wie die meisten Männer zum Friseur gehen: Sie wollen keine neue Frisur, sie möchten einfach nur weiterhin so aussehen, wie sie nach dem letzten Friseurbesuch ausgesehen haben. Ich spürte eine gewisse Selbstzufriedenheit oder das Gefühl, im Wesentlichen da angekommen zu sein, wo ich sein wollte.

Ich führte ein geregeltes Leben. Hatte ein wunderbares Verhältnis zu meiner fünfjährigen Tochter und ein entspanntes zu meiner Ex-Frau. Ich hatte sogar ein erwachsenes Verhältnis zum neuen Lebensgefährten meiner Ex-Frau. Zudem hatte ich ein mehr als ausreichendes Einkommen, und zwar ohne, dass ich mich allzu sehr dafür anstrengen musste. Ob »geregelt«, »wunderbar«, »entspannt«, »erwachsen«,und »nicht allzu anstrengend« tatsächlich das war, was ich vom Leben erwarten sollte, darüber hatte ich mir bis zu dieser Coaching-Stunde keinerlei Gedanken gemacht.

Die therapeutischen Gespräche mit Herrn Breitner alle vier Wochen waren für mich eine Art Zahnreinigung der Seele.

Bei zu langen Abständen zwischen zwei Zahnreinigungen kann man irgendwann mit der Zunge unangenehme Unebenheiten hinter den Vorderzähnen erfühlen. Die müssen dann beseitigt werden.

Mit meiner Seele war das ähnlich.

Das achtsame Beseitigen meiner seelischen Unebenheiten zwischen zwei Coaching-Sitzungen hatte allerdings bislang das Leben von acht anderen Menschen beendet. Davon wusste Joschka Breitner nichts. Die Toten, die mein Leben begleiteten, waren für mich eine irgendwie logische Folge seines Coachings. Nicht dessen Grund.

Die therapeutischen Sitzungen waren nicht nur eine schöne Routine geworden, sie sorgten auch dafür, dass meine seelischen Unebenheiten so früh beseitigt wurden, dass in letzter Zeit niemand mehr deshalb in Lebensgefahr geraten war. Dass dabei eines Tages auch ein komplett hohler Zahn entdeckt werden könnte, lag außerhalb meiner Vorstellungskraft.

Ich kam regelmäßig und entspannt zehn Minuten vor meinem 17-Uhr-30-Termin vor Joschka Breitners Haustür an. Um jedes Mal aufs Neue festzustellen, dass es in dem Jugendstil-Viertel, in dem seine Praxis lag, keine freien Parkplätze für meinen leicht überdimensionierten Land Rover Defender gab. Gewohnheitsmäßig fuh