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Die Ermordung des Commendatore Band 2

Eine Metapher wandelt sich. Roman von Haruki Murakami
Auflage:1. Auflage
Seitenanzahl:500 Seiten
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht:2018
Verlag: DuMont Buchverlag
ISBN:978-3-8321-8989-1
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Kurztext / Annotation

Der Porträtist - und der Abstieg in eine andere Welt. Mit dem Porträt der 13-jährigen Marie wächst allmählich das Selbstvertrauen des jungen Malers in seinen eigenen Stil. Die wiedergewonnene Sicherheit hilft ihm, das Ende seiner Ehe zu verarbeiten. Während der Sitzungen freunden sich das Mädchen und der Maler an. Er ist beeindruckt und erschrocken zugleich von Maries Klugheit und Scharfsinn. Mit ihr kehrt die Erinnerung an seine kleine Schwester zurück, deren Tod er nie überwunden und nach der er in jeder Frau gesucht hat. Auch in seiner eignen, die, wie er erfährt, schwanger ist. Als Marie verschwindet, ist er fest davon überzeugt, dass dies im Zusammenhang mit dem Gemälde >Die Ermordung des Commendatore< steht und dass nur das Gemälde und sein Maler ihm den Weg weisen können, um Marie zu finden. Ein Weg, der in eine andere Welt führt. >Eine Metapher wandelt sich< ist die Fortsetzung von Band 1 >Eine Idee erscheint< des Romans >Die Ermordnung des Commendatore<, Haruki Murakamis großem Künstlerroman.

HARUKI MURAKAMI, 1949 in Kyoto geboren, lebte längere Zeit in den USA und in Europa und ist der gefeierte und mit höchsten Literaturpreisen ausgezeichnete Autor zahlreicher Romane und Erzählungen. Sein Werk erscheint in deutscher Übersetzung bei DuMont. Zuletzt erschienen die Romane >Die Ermordung des Commendatore< in zwei Bänden (2018), in einer Neuübersetzung >Die Chroniken des Aufziehvogels< (2020), der Erzählband >Erste Person Singular< (2021), >Murakami T< (2022) und >Honigkuchen< (2023).

Beschreibung für Leser

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33 SICHTBARES UND UNSICHTBARES

Auch am Sonntag war herrliches Wetter. Es wehte ein leichter, kaum spürbarer Wind, und die herbstliche Sonne brachte das Laub, das die Berghänge in den verschiedensten Farben sprenkelte, wunderschön zum Leuchten. Kleine weißbrüstige Vögel huschten von Ast zu Ast und pickten munter nach den roten Beeren. Ich saß auf der Terrasse und konnte mich an diesem Anblick nicht sattsehen. Die Schönheit der Natur existiert für Reiche und Arme gleichermaßen. Ebenso wie die Zeit ... Nein, Zeit ist Geld. Also können Wohlhabende sich ein Mehr an Zeit erkaufen.

Pünktlich um zehn kam der hellblaue Toyota Prius den Hang hinauf. Shoko Akikawa trug einen dünnen beigen Rollkragenpullover und eine schmal geschnittene hellgrüne Baumwollhose. Die goldene Gliederkette um ihren Hals schimmerte dezent. Wie beim ersten Mal war sie nahezu perfekt frisiert. Ihre schwingenden Haare gaben einen Blick auf ihren hübschen Nacken frei. Statt einer Handtasche trug sie heute eine Umhängetasche aus Wildleder über der Schulter und dazu braune Deckschuhe. Ein lässiges, unprätentiöses, doch bis in jedes Detail geschmackvoll zusammengestelltes Outfit. Und ihr Busen hatte wirklich eine schöne Form. Den internen Informationen ihrer Nichte zufolge stopfte sie den BH auch nicht aus. Ich fühlte mich - wenn auch vor allem in ästhetischer Hinsicht - ein wenig zu diesem Busen hingezogen.

Anders als beim letzten Mal war Marie in ihren verwaschenen Bluejeans und den weißen Turnschuhen von Kompass alltäglich gekleidet. Ihre Jeans hatten an einigen Stellen Risse, die natürlich absichtlich dort platziert waren. Sie trug eine dünne graue Sweatjacke und ein dickes Holzfällerhemd, unter dem sich nach wie vor gar nichts wölbte. Und wieder machte sie ein eingeschnapptes Gesicht, wie eine Katze, der man ihr Futter weggenommen hat.

Wie beim ersten Mal goss ich in der Küche schwarzen Tee auf und brachte ihn ins Wohnzimmer. Anschließend zeigte ich den beiden die drei Zeichnungen, die ich in der vergangenen Woche angefertigt hatte. Shoko Akikawa schienen sie zu gefallen. »Sehr lebensecht. Eigentlich werden sie Maries Persönlichkeit besser gerecht als jedes Foto.«

»Kann ich die haben?«, fragte Marie.

»Ja, natürlich«, sagte ich. »Sobald ich das Bild fertig habe, ja? Bis dahin brauche ich sie.«

»Das ist sehr nett von Ihnen ... aber macht es Ihnen wirklich nichts aus?«, fragte die Tante mich besorgt.

»Nein«, sagte ich. »Wenn das Gemälde einmal fertig ist, habe ich keine Verwendung mehr dafür.«

»Nach welcher von den dreien werden Sie es malen?«, fragte Marie.

Ich schüttelte den Kopf. »Nach keiner. Diese drei Zeichnungen dienen mir vor allem dazu, ein plastisches Verständnis von dir zu bekommen. Auf der Leinwand werde ich dich vermutlich ganz anders malen.«

»Haben Sie schon eine konkrete Vorstellung?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein, noch nicht. Wir beide werden jetzt gemeinsam darüber nachdenken.«

»Über das plastische Verständnis von mir?«, fragte Marie.

»Genau«, sagte ich. »Geometrisch gesehen, ist eine Leinwand nur eine Fläche, aber ein Porträt muss schließlich dreidimensional wirken. Verstehst du?«

Marie runzelte missvergnügt die Stirn. Vielleicht musste sie bei dem Wort »dreidimensional« an ihren nicht vorhandenen Busen denken. Tatsächlich warf sie einen kurzen Blick auf die schön geformten, wohlgerundeten Brüste ihrer Tante unter dem dünnen Pullover und sah erst dann wieder zu mir.

»Wie kommt es, dass Sie das so gut können?«

»Meinst du die Zeichnungen?«

Marie Akikawa nickte. »Ja, zeichnen und skizzieren und so.«

»Durch Übung. Wer viel übt, wird mit der Zeit immer besser.«

»Aber es gibt doch auch Leute, die nicht gut werden, egal, wie viel sie üben.«

Sie hatte natürlich recht. Ich hatte auf der Kunsthochschule eine Menge Kommilitonen gekannt, die so viel üben konnten, wie sie wollten, oh