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Lichter auf dem Meer

Roman von Miquel Reina
Seitenanzahl:336 Seiten
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht:2019
Verlag: Penguin Verlag; Espasa Libros, Madrid 2018
ISBN:978-3-641-23515-4
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Kurztext / Annotation

Kommen Sie mit auf eine unvergessliche Reise ...
Harold und Mary Grapes verbindet eine große Liebe, doch der Tod ihres Sohnes hat sie den Glauben an das Schöne im Leben verlieren lassen. Nur ihr kleines, auf einem Felsen hoch über dem Meer gelegenes Holzhaus bereitet ihnen noch Freude, aber nun sollen sie es verlassen. In der Nacht vor dem gefürchteten Umzug ins Altersheim schlägt das Schicksal plötzlich noch einmal zu: Ein heftiges Unwetter fegt das Haus ins Meer und schickt das tief schlafende Ehepaar auf eine außergewöhnliche Reise. Eine Reise, die sie bis hoch in den Norden führt, wo die Toten sich in Polarlichter verwandeln und ein Zuhause nicht aus vier Wänden besteht, sondern aus geliebten Menschen. Einer Reise, von der Harold und Mary plötzlich gar nicht mehr wollen, dass sie endet ...

Miquel Reina lebt im kanadischen Vancouver. 2011 erhielt er eine der wichtigsten Auszeichnungen der Werbebranche und seine Video-Clips wurden mehrfach auf dem Tribeca Film Festival prämiert. 2016 veröffentlichte er seinen ersten Roman »Lichter auf dem Meer« - ein Buch, das einen kometenhaften Aufstieg erlebte und in zahlreiche Länder verkauft wurde.

Beschreibung für Leser

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

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EINE UNGEWISSE ZUKUNFT

Mary Rose Grape hatte den größten Teil jenes Sonntagmorgens damit verbracht, persönliche Erinnerungsstücke in unpersönliche Umzugskisten zu verpacken, wobei sie sich ständig zu der Entscheidung zwingen musste, auf welche Dinge sie in ihrem zukünftigen Heim würden verzichten können. Als sie die letzten Decken ganz hinten aus dem Schrank hervorholte, fiel ein altes Foto vor ihr auf den Boden. Behutsam hob sie es auf, und während sie es umdrehte, spürte sie ein Kribbeln im ganzen Körper, das sich schließlich auf ihre Hände konzentrierte und sich anfühlte, als hielte sie ein Stück Eis darin.

Sie musste sich auf den Rand des Bettes setzen und tief durchatmen, bevor sie den Blick erneut auf das Foto richtete. Es war ein Bild, das sie vor Jahren dort versteckt hatte, um einen allzu tiefen Schmerz zu vergessen. Das Foto war inzwischen ziemlich verblasst, doch die drei Personen, die darauf zu sehen waren, waren noch genau zu erkennen. Ein Mann, eine Frau und ein Kind, alle drei lächelnd und sich im Arm haltend. Und hinter ihnen, von der nachmittäglichen Sonne beleuchtet, ein noch im Bau befindliches Boot.

Die Farben auf dem Bild waren völlig verblichen und hatten über die Jahre ihren Glanz verloren, doch das störte Mary Rose nicht. Sie wusste ganz genau, dass das Haar des Mannes kohlrabenschwarz war und dass sich hinter der Brille seine Augen versteckten, die von einem derart tiefen Blau waren, wie sie es sonst noch niemals gesehen hatte - außer bei dem kleinen Jungen auf dem Foto vielleicht, der die gleiche Augenfarbe hatte. In diesem Moment spürte Mary Rose einen Stich ganz tief in ihrem Herzen und wie das Gift des alten Grolls ihr erneut die Kehle zuschnürte. Noch einmal atmete sie tief durch und wandte den Blick wieder dem Lächeln des Jungen zu, seinem feuchten, glänzenden Haar, das den gleichen kastanienbraunen Farbton hatte wie das lange Haar der Frau mit den grünen Augen, die ihn umarmte.

Eine Träne fiel auf das ovale Glas von Mary Roses Brille, als sie sich an die vielen Nachmittage erinnerte, die sie in der alten Schiffswerft von San Remo verbracht hatten. Damals war es ihr großer Traum gewesen, die Welt jenseits der Insel zu entdecken, ohne Angst vor dem Unbekannten, ohne irgendwelche Dinge, die sie hielten, ohne Schuldzuweisungen. Sie seufzte. In diesem Moment, fünfunddreißig Jahre später, erkannte Mary Rose sich kaum wieder. Wann hatte sie aufgehört, sie selbst zu sein? Und wann hatte sie ihre Träume begraben? Es schmerzte, sich diese Fragen zu stellen und sich einzugestehen, dass ihr nur noch die Angst vor einer Zukunft, die nicht mehr in ihrem Haus stattfinden würde, geblieben war. Das Foto erinnerte sie daran, dass ihr Leben so völlig anders verlaufen war als vorgesehen. Mary Rose betrachtete es ein letztes Mal, dann legte sie es in den Umzugskarton und ging in die Küche hinunter.

Unten, in der übervollen kleinen Werkstatt im Keller, arbeitete Harold Grape an einem seiner Flaschenschiffe, als handelte es sich um einen ganz normalen Tag. Durch die runden Fenster rundherum drang gerade das Licht der Sonne herein, als würde es immer so bleiben. Alles befand sich an seinem Platz. Die Umzugskartons lehnten noch zusammengefaltet an der Waschmaschinen-Trockner-Kombination, auf der ein Stapel Bücher lag. Neben der Entsalzungsanlage und dem riesigen Wasserspeicher türmten sich Dutzende alter Elektrogeräte, und hinter einem verblichenen karierten Vorhang direkt hinter Harolds Werktisch befand sich die Vorratskammer, die nun beinahe leer war.

Auch wenn Harold sich ständig über den wenigen Platz beklagt hatte, der ihm hier unten zur Verfügung stand, hatte er in diesem vollgestopften Raum doch den größten Teil seiner freien Zeit verbracht und war seinen Hobbys nachgegangen. Hier reparierte er dies und das und verrichtete irgendwelche Handwerksarbeiten, die dazu beitrugen,