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Herr G.

Ein Roman der Schöpfung. Übersetzung des amerikanischen Originals 'Mr g. A Novel About the Creation' von Lutz Wolff von Alan Lightman
Auflage:1. Aufl.
Seitenanzahl:223 Seiten
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht:2012
Verlag: Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
ISBN:978-3-8387-1653-4
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Kurztext / Annotation

Mit seinem hinreißenden Roman 'Und immer wieder die Zeit. Einstein's Dreams' hat der herausragende Astrophysiker Alan Lightman gezeigt, dass er die seltene Gabe besitzt, Naturwissenschaft und Philosophie in einem literarischen Werk zu vereinen. In seinem neuen Roman erweitert er das Spektrum um die Theologie. 'Ich war gerade von einem Mittagsschlaf erwacht, da beschloss ich, das Universum zu erschaffen.' So beginnt Herrn G.s Erzählung von seiner Schöpfung. Mit seiner zänkischen Tante Penelope und Onkel Deva lebt er in einem großen Vakuum und macht sich nun daran, Zeit, Raum und Materie zu erschaffen. Dann kommen Sterne, Planeten, Bewusstsein und schließlich intelligente Wesen mit moralischen Dilemmata. Herr G. ist allmächtig, aber nicht allwissend, und im Schöpfungsprozess entdeckt er, dass selbst durchdachte Pläne auf Widerstände stoßen können; vor allem Belhor macht ihm zu schaffen, ein brillanter, hinterhältiger Konkurrent, der die Notwendigkeit des Bösen durchzusetzen trachtet -

Langtext

Mit seinem hinreißenden Roman "Und immer wieder die Zeit. Einstein's Dreams" hat der herausragende Astrophysiker Alan Lightman gezeigt, dass er die seltene Gabe besitzt, Naturwissenschaft und Philosophie in einem literarischen Werk zu vereinen. In seinem neuen Roman erweitert er das Spektrum um die Theologie. "Ich war gerade von einem Mittagsschlaf erwacht, da beschloss ich, das Universum zu erschaffen." So beginnt Herrn G.s Erzählung von seiner Schöpfung. Mit seiner zänkischen Tante Penelope und Onkel Deva lebt er in einem großen Vakuum und macht sich nun daran, Zeit, Raum und Materie zu erschaffen. Dann kommen Sterne, Planeten, Bewusstsein und schließlich intelligente Wesen mit moralischen Dilemmata. Herr G. ist allmächtig, aber nicht allwissend, und im Schöpfungsprozess entdeckt er, dass selbst durchdachte Pläne auf Widerstände stoßen können; vor allem Belhor macht ihm zu schaffen, ein brillanter, hinterhältiger Konkurrent, der die Notwendigkeit des Bösen durchzusetzen trachtet -

Beschreibung für Leser

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Raum

Ich hatte vor, eine ganze Menge Dinge zu schaffen. Ohne jede Erfahrung mit der Körperlichkeit konnte ich mir diese Dinge nur als Funktionen oder Eigenschaften, etwa zur Quantifizierung der Zeit, zur Kommunikation, als Licht oder Schatten vorstellen. Aber die Abstraktionen hatte ich bald satt. Ich wollte fühlen und anfassen. Schließlich hatte ich sehr lange geschlafen. Ich brauchte etwas Neues, was mich interessierte, eine Herausforderung, vielleicht sogar andere Wesen, die mich überraschten und amüsierten. Meine Ideen, sowohl für die beseelten als auch für die unbeseelten Dinge, bedurften der körperlichen Existenz, sie brauchten Volumen und Ausdehnung. Und deshalb musste ich den Raum schaffen.

Der Raum erschien nicht auf einmal, sondern in langsamen Schritten. Nur sehr allmählich nahm er an Breite, Höhe und Tiefe zu. (Ich hatte mit einer ganzen Anzahl von Dimensionen gespielt. Zwei schienen mich unnötig einzuengen, ja, fast zu ersticken, während mir vier oder mehr als zu luxuriös vorkamen und leicht dazu führen konnten, dass kleine Dinge verloren gingen. Aus diesem Grunde entschloss ich mich, bei meinem ersten Versuch drei Dimensionen zu nehmen.)

Wenn ich mich recht entsinne, erschien der Raum zunächst als winzige runde Blase, die in aller Stille in meinem Geist steckte. Dann zog sie sich in die Länge und summte in schriller Tonlage. Eine Zeit lang war das Universum ein kleines, ziemlich flaches Ellipsoid. Aber die Höhe und Tiefe holten allmählich auf, wobei sie ein ungeduldiges Glucksen von sich gaben; so stellte sich die Kugelform wieder her. Dann ertönte ein lautes Seufzen, und mit einem tiefen Grollen entfalteten sich gleichzeitig alle drei Dimensionen und wuchsen ins Leere hinaus.

Mein Universum war geboren! Am Anfang war es noch winzig, aber wunderschön, eine köstliche kleine Kugel. Ihre Oberfläche war glatt und seidig, jedoch unendlich stark. Es glänzte und drehte sich leicht. Und es vibrierte vor Energie. Ich stellte fest, dass ich den Raum nicht ohne Energie schaffen konnte - die beiden waren unentwirrbar miteinander verbunden, als gäbe das eine dem anderen die Form. Die Energie heulte und zappelte, weil sie aus der glatten, seidigen Hülle herauswollte, aber das konnte sie nicht, denn diese Hülle umschloss alles, was es gab (außer mir, meiner Tante und meinem Onkel), und es war eine mathematische und logische Unmöglichkeit, dass irgendetwas, das sich im Inneren befand, herauskommen konnte. Nur das Nichts blieb außerhalb dieser Hülle.

Bei ihrem ständigen Versuch zu entkommen brodelte und kochte die Energie mit gewaltiger Hitze. Sie dehnte und streckte die unzerreißbare Hülle, mal in diese, mal in eine andere Richtung. Schließlich blieb ihr nichts anderes übrig, als den Raum selbst auszudehnen. Sie verzerrte Umfänge, Durchmesser, Winkel und Kurven, ja, sogar die mathematischen Prinzipien des Raums. Die Geometrie reagierte auf die heftigen Attacken und fing ebenfalls an, durchdringend zu summen. Energie und Geometrie begannen, mit schrillem Kreischen zu kämpfen, erst zwängten die Terrassen und Schluchten des Raums die Energie mit brutaler Gewalt zusammen, dann schlug die Energie zurück und gestaltete den Aufbau des Raums neu. Auf diese Weise dehnte sich die kleine Kugel, die das Universum ursprünglich gewesen war, im Verlauf des Kampfes mit alarmierender Geschwindigkeit aus.

Irgendwann wurde Tante Penelope, die sich ausnahmsweise in aller Ruhe das Haar bürsten wollte, von der expandierenden Kugel umgestoßen. Rette mich!, rief sie Onkel Deva theatralisch zu, was natürlich völlig übertrieben war. Mein Onkel half ihr, sich wieder aufzurichten. Was war das für ein Ding?, schrie sie. So eine Unverschämtheit! Dann stampfte sie ins Nichts hinaus, ohne sich bei Onkel Deva zu bedanken. Auch als sie längst hinter den Falten und Rüschen des Vakuums verschwunden war, hörte ich sie noch schimpfen: Was hat er jetzt wieder angestellt? Kein Ende nimmt das, ke

Alan Lightman, geboren 1948, ist Professor of Humanities am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Neben seiner wissenschaftlichen Karriere als Astrophysiker veröffentlichte er Gedichte und Essays sowie Romane. Er lebt mit seiner Familie in der Nähe von Boston.