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flüchtig

Roman von Hubert Achleitner
Seitenanzahl:304 Seiten
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht:2020
Verlag: Paul Zsolnay Verlag
ISBN:978-3-552-05957-3
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Kurztext / Annotation

Hubert von Goiserns literarisches Debüt: Ein musikalischer Roman über Liebe, Sehnsucht und das flüchtige Glück.
Maria ist verschwunden. Seit Monaten hat Herwig, mit dem sie seit fast dreißig Jahren verheiratet ist, nichts von ihr gehört. Dass sie ihren Job gekündigt und seinen Volvo mitgenommen hat, lässt zumindest hoffen, dass sie noch am Leben ist. Doch was ist passiert, mit ihrer Ehe, ihrer Liebe, ihrem gemeinsamen Leben? Hubert Achleitner schickt seine Protagonisten auf eine abenteuerliche Reise, die sie von den österreichischen Bergen quer durch Europa bis nach Griechenland führt. Und die für beide doch in erster Linie eine hochemotionale Reise in ihr Inneres bedeutet. Ein weiser und sehr musikalischer Roman über Liebe und Sehnsucht, das Schicksal und das flüchtige Glück ... 'Flüchtig wie die angezupften Töne der Bouzouki waren die Begegnungen mit diesen Menschen. Dennoch hinterließ jeder von ihnen eine Melodie in meinem Herzen, die weiterschwingt.'

Hubert Achleitner, bekannt als Hubert von Goisern, wurde 1952 in Bad Goisern geboren. Er gilt als prononciertester Vertreter der 'Neuen Volksmusik' und Erfinder des sogenannten 'Alpenrock'. Seine Interpretation alpenländischer Musik ist stilübergreifend und inspiriert von anderen Kulturen. Die 'Linz Europa Tour 2007-2009' gilt bis heute als eines der größten grenzübergreifenden Musikprojekte unserer Zeit. flüchtig ist sein erster Roman.

Beschreibung für Leser

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Kapitel 2

Maria war von Kindheit an gesegnet mit einem schon fast animalischen Pragmatismus. Reden war nicht ihr Ding. Praktisches Handeln zog sie langem Grübeln vor. Diskussionen waren ihr eine Qual. Vernunft war in ihren Augen eine theoretische Größe und Kategorie. Sie war ergebnis-, nicht vernunftorientiert. Maria war in den Augen der meisten kein hübsches Mädchen. Ihre Schönheit lag verborgen unter einer kratzbürstigen Wildheit, die kein Gefallenwollen kannte.

Das Unbändige machte sich vor allem im Winter bemerkbar. Man hätte glauben können, dass der dramatische Lebensauftakt und der Schock des ersten Atemzuges in der Eiseskälte ihrer Geburtsstunde bei Maria einen Grausen vor Kälte und Schnee ausgelöst haben müssten, aber das Gegenteil war der Fall. Sie liebte die Kälte, sie liebte das Eis, und sie liebte den Schnee. Sie liebte es, auf spiegelglatten Flächen talwärts zu rasen. Es verging kein Jahr, in dem nicht ein Schlitten oder ein Schi zu Bruch ging. Und viele Jahre später, als sie ihr erstes Auto erstand, einen grasgrünen, acht Jahre alten Ford Escort mit Hinterradantrieb, liebte sie es, auf den Schneefahrbahnen durch die Kurven zu driften und auf den Parkplätzen Pirouetten zu drehen. Sie war und blieb ein Winterkind.

Weil ihr die Kälte nichts ausmachte, bekam sie von ihrem Vater, der ihr zum Einschlafen gerne vogelwilde Indianergeschichten erzählte, den Spitznamen Eskimo. Das war für Maria innerhalb der Familie kein Problem. Es sprach sich jedoch bis in den Kindergarten herum, wo es eines Tages zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung kam. Nachdem sie mehrmals darauf bestanden hatte, bei einem ihrer richtigen Vornamen genannt zu werden - sie stellte es allen frei, bei welchem -, einer der Buben jedoch nicht damit aufhörte, sie weiterhin Eskimo zu nennen, stürzte sie sich auf ihn, und es begann eine wilde Prügelei, die damit endete, dass sie ihrem Gegner ein Büschel Haare ausriss, diese wie eine Trophäe schwenkte und dabei schrie, sie würde alle skalpieren, die sie weiterhin Eskimo nannten. Damit war die Sache gegessen.

Die ersten zehn Jahre ihres Lebens verbrachte Eva Maria Magdalena Neuhauser in einem beschaulichen Dorf am oberen Ende eines vom Gletscher gespeisten Bergsees. Gegen Süden verhinderten abweisende, meist senkrechte Felswände ein Entkommen. Es bedurfte eines mehrstündigen, steilen Aufstiegs, um das Plateau zu erreichen, und noch eines ganzen Tagesmarschs, um es zu überqueren und die nächste Siedlung zu erreichen. In Richtung Norden verwehrten steile, bewaldete Flanken den Blick auf das untere Ende des Sees. Eine schmale, wegen Steinschlag- und Lawinengefahr im Winter oft gesperrte Straße war die einzige Nabelschnur zur Welt da draußen. Abgesehen von einer sommerlichen Schiffsverbindung.

Wie ein Fjord lag er da, der See. Seine schwarzgrünen Wasser lockten selbst an heißen Sommertagen nur wenige abgehärtete Einheimische zum Schwimmen. Der Ort markierte für alle, die sich hierher verirrten, das Ende der Welt. Für die hier Aufgewachsenen bedeutete er den Anfang.

So war es zumindest bis vor kurzem. Dann kam der Touristen-Tsunami, der Kolonnen von Reisebussen und scheinbar nie versiegende Völkerschaften fremder Menschen aus aller Damen und Herren Länder, vor allem aber aus dem fernen Osten in den Talschluss spülte. Es fehlten nur die Kreuzfahrtschiffe. Aber zum Glück war es eben doch kein Fjord.

Die Besucher waren wie ein Befall. Man muss jetzt nicht gleich an Läuse denken. Es reicht auch das Bild von Schmetterlingen. Ein großer Schwarm bunter Schmetterlinge, der jeden Tag das Dorf befällt. Jahrein, jahraus. Den Gastwirten gefiel das natürlich, jedenfalls den meisten. In der Biologie ist der Wirt ein Organismus, der einen als Gast bezeichneten artfremden Organismus mit Ressourcen versorgt. Wenn es zum beiderseitigen Vorteil ist, nennt man das eine Symbiose. Wenn die Wirt-Gast-Beziehung zu Ungunsten des