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Der Hirte

Thriller von Ingar Johnsrud
Seitenanzahl:528 Seiten
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht:2017
Verlag: Blanvalet Verlag; Aschehoug, Oslo 2015
ISBN:978-3-641-18685-2
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Kurztext / Annotation

Der Nr.-1-Bestseller aus Norwegen!
Die Tochter der einflussreichen Politikerin Kari Lise Wetre wird vermisst - ein Routinefall für Hauptkommissar Fredrik Beier. Doch kurz darauf wird Beier nach Solro beordert, einem alten Hof vor den Toren Oslos. Fünf Männer wurden auf dem Sitz der christlichen Sekte »Gottes Licht« grausam getötet. Das Gelände des Hofs ist ausgestattet wie ein Hochsicherheitstrakt, und im Keller des Gebäudes stoßen die Ermittler auf ein Labor, das auf erschreckende Experimente hinweist. Von den restlichen Mitgliedern der Sekte fehlt jede Spur, unter ihnen die vermisste Annette Wetre ...

Alle Bände der Fredrik-Beier-Reihe
Der Hirte (Bd. 1)
Der Bote (Bd. 2)
Der Verräter (Bd.3)

Ingar Johnsrud, Jahrgang 1974, wuchs in Holmestrand auf. Er studierte Film- und Medienwissenschaften und arbeitete fünfzehn Jahre als Journalist bei einem der größten norwegischen Medienunternehmen. Sein erster Thriller, »Der Hirte«, wurde als bestes Krimidebüt für den Maurits Hansen Prisen nominiert und eroberte international die Bestsellerlisten.

Beschreibung für Leser

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4

Hätte er schätzen müssen, hätte er auf fünfundvierzig getippt, auch wenn er wusste, dass sie älter war. Schon über fünfzig. Ihr Alter war ein Grund, warum sie nur stellvertretende Vorsitzende geworden war. Die dunklen Haare waren im Nacken hochgesteckt, und sie trug ein schmal geschnittenes graues Kostüm. Um ihren Hals hing ein kleines Silberkreuz.

»Ich habe Annette seit einem halben Jahr weder gesehen noch gesprochen«, erklärte sie.

Ihre Stimme klang jetzt tiefer als zuvor. Offenbar wollte Wetre den Eindruck erwecken, dass sie Herrin ihrer Gefühle war. Kein ungewöhnlicher Zug bei Personen, die es gewohnt waren, dass andere zu ihnen aufsahen. Schwäche galt ihnen als unverzeihlich. Am meisten die eigene.

»In aller Regel verzweifeln Eltern doch daran, dass ihre Kinder rebellieren. Dass sie sich betrinken, mit Drogen experimentieren, Sex haben, was weiß ich? So war es bei uns nie. Meine Tochter ist wütend auf mich, weil sie der Ansicht ist, ich wäre zu liberal. Und ich bin wütend auf sie, weil sie mit meinem Enkelkind abgetaucht ist. Und weil sie ein erzkonservatives Weibsstück ist.« Wetre verzog das Gesicht, ehe sie fortfuhr: »Für Annette ...«

Der Stuhl knarzte, als sie sich zurücklehnte und den Blick starr zur Decke richtete, als würden die Worte, nach denen sie suchte, irgendwo dort oben unter dem Stuck stehen.

»Annette lebt ausschließlich für Gott.«

Wetres Haar war glatt und gepflegt, jedes einzelne lag akkurat an seinem Platz. Ständig wanderte ihre Hand nach oben, um jegliche Widerspenstigkeit im Keim zu ersticken.

Es hatte schon im Teenageralter begonnen. Annette hatte sich geweigert, mit ihnen in die Kirche zu gehen, weil sie die dortige Pfarrerin verabscheut hatte. Homophile Pfarrer im Allgemeinen. Jede Abweichung von der Liturgie. Die Kirche spotte ihrem eigenen Gott, war ihre Ansicht gewesen.

Wetre lachte kurz und schüttelte den Kopf. Die feinen Fältchen um ihre Augen schienen ein wenig deutlicher hervorzutreten, als es die Kameras für gewöhnlich preisgaben. Trotzdem war die Politikerin ihrem Alter Ego aus dem Fernsehen verblüffend ähnlich, wie er fand. Das diskrete Make-up war perfekt aufgetragen, der rote Mund strahlte Glaubwürdigkeit und Wärme aus. Und noch etwas stellte er zögernd fest: Der Farbton ihres Lippenstifts war gerade so dunkel, dass er sinnlich wirkte. Dezent elegant. Das war kein Lippenstift, das war eine Hinwendung an Kopf, Herz und den Schwanz.

Wahrhaftig einer Politikerin würdig.

»Trotzdem hatten wir einen gewissen Respekt voreinander. Erst als sie ein Teil von Gottes Licht wurde - dieser Glaubensgemeinschaft, wie Sie es nennen -, änderte sich auch das.«

Ein rothaariger Schwede servierte ihnen Kaffee. Wetre wartete, bis er ihren Tisch wieder verlassen hatte.

Vor sieben Jahren hatte Annette angefangen, Gottesdienste von Gottes Licht zu besuchen, einem Ableger der Filadelfia-Gemeinde. Sie hatte ihre Ausbildung zur Laborantin nur wenige Monate, bevor sie ihre letzte Prüfung hätte ablegen sollen, abgebrochen.

»So verflucht dumm«, sagte die Politikerin und atmete schwer aus.

Dann hatte Annette ihre Wohnung auf dem Sankthanshaugen verkauft, die ihre Eltern ihr geschenkt hatten, und war auf das Gelände der Gemeinde gezogen. Dort hatte sie Per Olav kennengelernt, Williams Vater. Kirchlich hatten sie nicht heiraten wollen. Stattdessen hatten sie sich für irgendeine Art Zeremonie entschieden.

»Wir waren nicht mal eingeladen.« Wetre blinzelte und rieb sich mit den schlanken Zeigefingern über die Unterlider. »Das Ganze musste wohl sehr schnell gehen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Annette mit jemandem ins Bett gegangen wäre, ehe das Verhältnis ... gesegnet worden war. Sie verstehen schon, so ein Mädchen ist sie nicht.«

»Es wirkt nicht so, nein.«

»Das Glück war nicht von langer Dauer. Per Olav starb, als William gerade auf di