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Mein abenteuerliches Leben als Hochstapler

von Fürst Lahovary al. Georges Manolescu
Seitenanzahl:448 Seiten
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht:2020
Verlag: Manesse Verlag
ISBN:978-3-641-27042-1
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Kurztext / Annotation

Das dramatische Leben eines wahren Gentlemen-Verbrechers: voller Finten, Spleens und Verrücktheiten
Hoteldieb, Hochstapler, Glücksspieler. Georges Manolescu, um 1900 eine Weltberühmtheit, gebot über alles, was es braucht, um die Welt im großen Stil zu betrügen: gutes Aussehen, Charme, Geistesgegenwart, 1-A-Manieren, Chuzpe und «ein elastisches Gewissen». Als falscher Fürst Lahovary steckte er alle und alles in die Tasche, betörte die Schönen und Reichen und brachte es sogar zu künstlerischen Ehren: Thomas Mann setzte ihm mit dem «Felix Krull» ein weltliterarisches Denkmal, und Ernst Lubitsch huldigte ihm in der Filmfigur des Juwelendiebs «Gaston Monescu». Seine Memoiren waren Manolescus wohl raffiniertester Clou. Hier erfährt man amüsiert, mit welchen Bluffs sich der arme Schlucker aus der rumänischen Provinz in schwindelnde Höhen empormogelte. Zugleich verspottet der «Jahrhunderthochstapler» (Peter Sloterdijk) aber die Adelsgläubigkeit der besseren Kreise, ihre Oberflächlichkeit und Einfalt - ein unverschämtes Lesevergnügen.

Diese Neuausgabe, die erste originalgetreue seit über hundert Jahren, vereint beide Bestsellerbände des Jahres 1905, «Ein Fürst der Diebe» und «Gescheitert. Aus dem Seelenleben eines Verbrechers».

Fürst Lahovary (1871-1908) kam als Georgiu Mercadente Manulescu in der Walachischen Tiefebene am Fuß der Karpaten zur Welt. Mit vierzehn floh er als blinder Passagier nach Konstantinopel, betörte in Athen die griechische Königin und brach mit dreiundzwanzig nach Halifax, Chicago, San Francisco, Honolulu und Yokohama auf. Zurück in Europa, beklaute er die Hautevolee von Paris, London und Nizza, heiratete als «Fürst» von eigenen Gnaden eine deutsche Gräfin und renommierte als Boxer, Segler und Motorbootfahrer, vor allem aber als Tartüff der mondänen Welt. 1905 erschienen seine Hochstapler-Memoiren und wurden ein Sensationserfolg. Als er mit nur siebenunddreißig Jahren in Mailand starb, hinterließ er zwölf Anzüge, vierzig Seidenhemden, zehn Paar Lackschuhe und einen gefälschten Adelsbrief.

Beschreibung für Leser

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I

JUGENDILLUSIONEN

Ich langte im Monat Juni 1888, siebzehn Jahre alt, in Paris an, mehr um überhaupt in dieser fröhlichen Stadt zu leben, nach der sich jeder Rumäne von Kindheit an sehnt, als mit der ernstlichen Absicht, dort Jura zu studieren. Um jedoch in Paris zu «leben», dazu gehört genau das, was mir am meisten fehlte, das flimmernde, lockende Gold ... Drei Viertel meiner Zeit blickte ich einsam und allein vom Fenster meines bescheidenen Zimmers in der Rue des Carmes auf dieses Paris hinaus, von dem ich seit meiner zartesten Kindheit so viele Zaubermärchen hatte erzählen hören; oder ich saß auf der Terrasse des «Café Soufflet»1 und der «Écoles Réunies»2 und sah vor meinen neidischen Augen jene reichen, lebenslustigen Kommilitonen vorbeischlendern, die sich ebenso viel um die Universität wie um den heiligen Antonius kümmerten und, die Brieftasche mit den Scheinen ihrer wackeren Väter vollgestopft, geringschätzig uns arme Teufel von Studenten mit den Augen maßen. Ich hatte zu jener Zeit einen vornehmen französischen Grafen kennengelernt, dem wir vom ersten Augenblick seines Auftauchens unter uns einstimmig den Ehrenpreis der Stupidität zuerkannt hatten; er war einundzwanzig Jahre alt und nannte sich Fernand de B... Nachdem er kurze Zeit wie ein Komet in den vornehmen Cliquen des Quartier Latin geglänzt hatte und gerade schmerzerfüllt die letzten Pfennige betrachtete, die ihm seine nachsichtige Mutter hatte schicken können, gelang es ihm in zwölfter Stunde noch, die älteste Tochter des Marquis de R... zu kapern. Sie war eine prachtvolle achtzehnjährige Blondine mit einer Mitgift von 240_000 Franc jährlicher Rente und Aussicht auf weitere zehn Millionen bar, sobald ihr liederlicher Vater, ein berüchtigter Viveur3, sich zu Tode amüsiert hatte. Dieses eklatante Beispiel dafür, wie willkürlich das Schicksal seine Gaben unter die Menschen austeilt, erschütterte mich geradezu und pflanzte den ersten Keim der Auflehnung gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt in mein Herz.

Von dem Tag an, wo ich den Grafen Fernand de B..., diese patente Null, vor dem Altar der Kirche Saint-Germain-des-Prés der entzückenden kleinen Emma de R... und zugleich ihren noch entzückenderen Millionen den Schwur ewiger Hingebung und Treue leisten sah, folterte mich der Stachel des Ehrgeizes und noch mehr die unreifen Wünsche und unsäglichen Illusionen, die immer mehr Gewalt über mich bekamen.

Tag und Nacht flüsterten sie mir zu: «Warum soll ich, jung, intelligent, aus gutem Hause und von sympathischem Äußeren, jetzt und für alle Zukunft mich mit den elenden Brocken des Lebens begnügen, während ein so vollendeter Hanswurst wie dieser de B..., nur weil er als Graf herumläuft, im Handumdrehen mit keckem Griff das Glück einjagt, mit dem rieselnden Gold seines blonden Liebchens sich alle irdischen Freuden erkauft und die Menschen sich ehrerbietig vor ihm neigen sieht?»

«Mein armer Georges», sagte ich dann wieder zu mir selbst, «vergiss nicht, dass du eben nicht adlig bist. Und da du auch nicht reich bist, musst du dich einfach mit dem begnügen, was dein ist, und geduldig auf die Freuden dieser Erde verzichten, bis du dir selbst eine soziale Stellung und Reichtum errungen hast.»

Alle diese Vernunftgründe, die ich wie eine kalte Dusche gegen meinen glühenden Ehrgeiz anwandte, beruhigten mich leider nur allzu kurze Zeit. Der tägliche Anblick des Luxus, der Feste und Ausschweifungen, denen viele meiner reichen Kommilitonen sich vor meinen Augen hingaben, peitschte immer von Neuem meine Sehnsucht nach ähnlichen Genüssen in mir auf.

Ich wollte also um jeden Preis reich sein, und zwar so rasch wie irgend möglich. Um dieses Ziel in kürzester Frist zu erreichen, sah ich keinen anderen Weg vor mir als eine ebenso glänzende Heirat, wie sie diesem banausischen Grafen de B... gelungen war.

Tag für Tag entwarf ich rastlos in meinem