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Statistisch gesehen

Echte Zahlen statt halber Wahrheiten aus Österreich und Deutschland von Klemens Himpele Rezension verfassen
Bewertung:

Klemens Himpele, ein nach Wien eingewanderter Deutscher und Leiter der Wiener Magistratsabteilung Wirtschaft, Arbeit und STatistik, erzählt in diesem Buch, amüsante Geschichten von Deutschen und Österreichern. Worin sich die beiden Länder unterscheiden und was sie trotz der trennenden, weil gemeinsamen Sprache, vereint.

Das Buch beginnt - wie sollte es anders sein - mit einem Vorwort, das ein wenig über Statistik, Zufälle und Zusammenhänge berichtet.

Das Buch selbst ist in drei große Abschnitte und darunter in viele kleine Kapitel geteilt

Teil I - Piefke und Ösis
Teil II - Eine Reise durch Österreich
Teil III - Wien, Wien, nur du allein

Während im ersten Teil u.a. deutsche und österreichische Städte gegenüber gestellt werden, begeben wir uns im zweiten Teil auf eine Reise durch meine schöne Heimat. Ganz entzückend habe ich die Idee gefunden, den Text unserer Bundeshymne als Aufhänger zu nehmen.

Im dritten Teil beschäftigt sich der Autor mit der Bundeshauptstadt Wien und seiner Bevölkerung, die beide als „anders“ beschrieben wird. Nämlich als besonders grantig (= missmutig), nörgelnd und zu weilen als ausländerfeindlich, obwohl ein echter Wiener ja zumindest eine böhmische Großmutter haben muss. Alles nicht war! Es stimmt, dass für uns das Glas eher halb leer als halb voll ist, doch das gilt, wenn man diese Buch hier aufmerksam liest, auch für den Rest von Österreich.
Es stimmt allerdings, dass „der Tod ein Wiener sein muss“, denn nirgends gibt es so eine skurrile Beziehung zum Sterben wie in Wien. Das beginnt schon damit, dass der Wiener Zentralfriedhof neben Hamburg-Ohlsdorf der zweitgrößte Friedhof Europas ist, den Hamburger aber mit mehr als 330.000 Grabstellen übertrifft. Um den Anwohnern im 19. Jahrhundert die lange Reihe von Leichenfuhrwerken zu ersparen, haben der Architekt Josef Hudetz und der Ingenieur Franz von Felbiger eine Rohrpostanlage zum Leichentransport ersonnen. Mit rund 27 km/h sollten die Leichen an ihren letzten Bestimmungsort gebracht werden. Nun, wie viele bahnbrechende Ideen kreativer Köpfe wurde sie nicht verwirklicht. Aber, ein Bestattungsmuseum gibt es, in der „Langen Nacht der Museen“ darf man hier sogar in einem Sarg „Probe liegen“. Und mit „Es lebe der Zentralfriedhof“ hat Austro-Popper Wolfgang Ambros eine Ode an diese Oase der Ruhe geschaffen. Hier sagen sich sprichwörtlich Fuchs und Hase gute Nacht. Seit neuestem gibt es eine Jogging-Route durch den Friedhof, was nicht von jedem goutiert wird. Jener Teil, der Berühmtheiten beherbergt, ist ein Anziehungspunkt sowohl von Einheimischen, Zuagrasten und Touristen.

Im Ranking der „Lebenswertesten Städte der Welt“ hat Wien im nun Melbourne den Rang abgelaufen. Net schlecht! Doch was raunzt (motzt) der Wiener? Man habe ja nur die Manager, die sich nur wenige Tage in Wien aufhalten befragt, die eigentlichen Bewohner aber nicht. Doch Klemens Himpele kann mit Zahlen untermauern, dass der erste Platz für Wien durchaus gerechtfertigt und plausibel ist.
Vor allem beneiden uns Großstädte wie Hamburg oder Berlin um unseren sozialen Wohnbau. Über 220.000 Gemeindewohnungen befinden sich im Eigentum der Stadt und stellen günstigen Wohnraum für die Bevölkerung zur Verfügung. Davon können andere Städte nur träumen! Auch das klaglose Funktionieren der Müllabfuhr, die Versorgung mit bestem Hochquellenwasser oder Fernwärme, Gas und elektrischer Energie ist ein Pluspunkt der knapp an der 2 Millionen Einwohner zählenden Stadt.

Wien war und ist eine Einwanderungsstadt - auch wenn das der eine oder andere Politiker nicht einsehen will. Waren es im 19. Jahrhundert und bis zum Zusammenbruch der Monarchie hauptsächlich Einwanderer aus den Binnenländern, so kommen die heutigen Einwanderer aus der EU. Die zahlenmäßig größte Gruppe der Deutschen lebt übrigens in Tirol. Hier ist das Trennende der gemeinsamen Sprache nicht ganz so ausgeprägt wie in Wien. Denn „Melange“ versteht man schon in St. Pölten (ca. 100 km westlich von Wien) nicht mehr. Dort heißt das köstliche Kaffeegetränk „Verlängerter“ und schmeckt meist auch so.


Fazit:

Wer sagt, dass Statistik trocken und humorlos präsentiert werden muss? Diese Buch beweist, dass auch Zahlen ihren Charme haben. Dafür gebe ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

von Bellis-Perennis, 16. März 2020