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Jenseits des Weges

von Sonja Yoerg
Auflage:1. Auflage
Seitenanzahl:384 Seiten
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht:2016
Verlag: HarperCollins
ISBN:978-3-95967-629-8
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Kurztext / Annotation

Wieder zu sich selbst finden, alte Wunden verheilen lassen und neue Kräfte sammeln. Das erhofft sich Liz von ihrer Wanderung auf dem rauen John Muir Trail in Kalifornien. Als ihr Freund darauf besteht, sie zu begleiten, ahnt sie bereits, dass dies keine gute Idee ist. Diesen Pfad will sie allein beschreiten. Aber um Erlösung zu erlangen, muss Liz ihren Blick auch jenseits des Weges schweifen lassen.
Die fesselnde Geschichte einer Selbstfindung

Beschreibung für Leser

Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

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1. KAPITEL

Liz hüpfte von einem Fuß auf den anderen und schlang die Arme um den Körper, weil es so kalt war. Auf der Veranda der Parkverwaltung, die für den wilden, streng geschützten Teil des Yosemite Valleys zuständig war, unterhielt Dante sich lebhaft gestikulierend mit anderen Wanderern. Er stand mit dem Rücken zu ihr, aber die anderen sahen ihn so amüsiert an, da er offenbar gerade etwas Witziges erzählte. Um seine Erfahrungen als Rucksacktourist konnte es sich dabei jedoch nicht handeln, denn er hatte keine. Seinen Bedarf an Naturerlebnissen deckte er, indem er beim Work-out im Fitnessstudio aus dem Fenster schaute. Aber es spielte keine Rolle, worüber er redete. Selbst wenn er über die Bigotterie von Autofahrern sprach, die der Umwelt zuliebe regelmäßige Ölwechsel vornahmen, über das Brotbacken oder die neuesten Katzenvideos auf YouTube, war er charmant und geistreich. Liz kannte ihn jetzt seit zwei Jahren und konnte immer noch nicht fassen, mit welcher Mühelosigkeit er wildfremde Menschen in seinen Bann zog. Er war wie schimmernder Samt, alle anderen grobes Leinen.

Ihre prall gefüllten, aufrecht stehenden Rucksäcke auf der Holzbank neben ihr erinnerten an Menschen, die auf den Bus warteten. Liz widerstand dem Impuls, sich ihren einfach zu schnappen und ohne Dante loszugehen. In dessen Rucksack befanden sich Utensilien, die für eine dreiwöchige Wanderung unverzichtbar waren. Dabei hatte sie immer vorgehabt, sich den John Muir Trail allein zu erobern.

Sie stellte den linken Fuß auf die Bank und band den Wanderstiefel fester, stülpte das Bündchen der Socke darüber und machte am Straßenrand ein paar Schritte, um zu prüfen, ob jetzt beide Stiefel gut saßen. Es war kurz vor neun, und das Yosemite Valley erwachte langsam. Zwei Teenager in Jogginghosen, überdimensionalen Sweatshirts und Uggs schlurften über den Asphalt. Übernächtigte Familienväter schoben Kinderkarren. Junge Männer in überteuerter Outdoorkleidung mit kleinen Rucksäcken für höchstens eine Tageswanderung stolzierten zwischen den Gebäuden umher - Restaurants, ein Lebensmittelladen, eine Krankenstation, ein Besucherpavillon, Souvenirshops, eine Feuerwache und sogar ein Viersternehotel. Es war eine Schande, dass der Wanderweg auf so einem Rummelplatz begann. Liz konnte es kaum erwarten, hier wegzukommen.

Sie holte Dantes iPhone aus der Vortasche seines Rucksacks und rief Valerie an. Seit dem ersten Collegejahr vor elf Jahren war sie ihre beste Freundin. Damals war ihr das Leben noch so vielversprechend vorgekommen wie ein Handyvertrag mit jeder Menge Freiminuten.

"Dante?", meldete sich Valerie.

"Nein, ich bin's."

"Hast du dein Handy verloren?"

"Das liegt im Auto. Auf dem Weg hierher gab es meistens keinen Empfang. Sogar hier habe ich nur einen Balken."

"Wie soll Dante das überstehen? Ohne Handy wird er doch verrückt!"

"Meinst du? Wie geht's Müsli?" Valerie hütete Liz' Kater.

"Sieht er dich auch manchmal an, als hielte er dich für das Letzte?"

"Andauernd."

"Dann geht es ihm wohl gut."

"Hast du noch Hausschuhe an?" Valerie war Webdesignerin und arbeitete meist zu Hause. In ihrem Kleiderschrank hingen zwanzig Pyjamas wie bei anderen berufstätigen Frauen die Businesskostüme.

"Fahre gerade den Computer hoch. Habt ihr die Wandergenehmigungen bekommen?"

"Hmm."

"Du klingst ja nicht gerade begeistert."

Worüber sollte Liz begeistert sein? Das hier war nicht, wovon sie so lange geträumt hatte. Sie wollte den John Muir Trail, kurz JMT, allein wandern. Inmitten Tausender Quadratkilometer offener Landschaft hoffte sie, den Weg zu einem richtigeren Leben zu finden. Bis jetzt kannte sie ihn jedenfalls nicht. Alle Entscheidungen, die sie getroffen hatte - inklusive der vor sechs Monaten, als sie zu Dante gezogen war -, schienen zum jeweiligen Zeitpunkt die richtigen gewesen zu sein, bis sich in schöner Regelmäßigkeit herausstellte, dass