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Mit Holz, Herz und Hand

Das echte Leben – ein Mann und sein Handwerk von Franz Josef Keilhofer
Seitenanzahl:224 Seiten
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht:2016
Verlag: Ludwig bei Heyne
ISBN:978-3-641-18455-1
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Kurztext / Annotation

Selbstbestimmtes Leben im Rhythmus der Natur
Franz Josef Keilhofer ist ein echtes Original: Er lebt und arbeitet im Einklang mit der Natur, ist ein Junge aus dem Berchtesgadener Land und wohnt im Bauernhaus der Familie aus dem Jahr 1710 am Fuße des Watzmanns. Keilhofer ist Holzhandwerker - das vor allem. Hier erzählt er von seiner besonderen Beziehung zum Werkstoff Holz und davon, was die Natur uns lehrt. Er nimmt uns mit in nebelschweres Unterholz, erzählt, warum man die gefällte Eiche in der Erde lagert, dass die Eibe auf der Werkbank den Geruch von dunkler Schokolade verströmt und weshalb jedes einzelne Holzstück immer seine ganz eigene Art der Bearbeitung verlangt. Franz Josef Keilhofers Welt scheint nur aus Bäumen und Hölzern zu bestehen und doch lehrt sie das ganze Dasein. Ein Buch vom Auffinden des richtigen Baumes und vom Erkennen des richtigen Lebens - vom Handwerk des Lebens.

Franz Josef Keilhofer, 28, ist ein Naturbursche aus dem Berchtesgadener Land und arbeitet als Drechsler mit dem - seiner Meinung nach - schönsten Material überhaupt: Holz. Berühmt wurde er nicht nur wegen seiner handwerklichen Unikate, sondern auch als Botschafter der Kampagne des Bayerischen Tourismusverbands im Jahr 2015 - zahlreiche Presseartikel und Fernsehberichte über den markanten Bartträger sollten folgen. Daneben gibt Keilhofer Seminare zur Drechselarbeit und schreibt für Fachzeitschriften.

Beschreibung für Leser

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2  Im Bergwald

Rot und Beige, Gelb und Ocker, Braun und Dunkelgrün, das alles hinter einem feinen Schleier aus milchig-weißen Schwaden. Von den Blättern der Laubbäume tropft das Nass aus den Wolken. Es kann sich nicht entscheiden: Ist es noch Nebel oder schon Sprühregen? Ein farbiger Oktobertag im Bergwald. Keine Wanderer, keine Mountainbiker sind heute unterwegs. Es könnte ein paar Grad wärmer sein, aber das gehört zum Herbstgefühl dazu, dass es schon mal kalt wird. Nur so stimmt die Harmonie. In die Hitze des Hochsommers würden diese Farben nicht passen.

Es riecht ganz besonders - nach Pilzen, nach Tannennadeln, nach Moos und nach feuchter Erde, nach reifen Früchten und morschem Holz. Der Weg geht hoch hinter dem Gattermannlehen, unserem Hof gegenüber dem Watzmann. Der knirschende Kies führt an einem denkmalgeschützten Hof vorbei, der Hofhund begrüßt uns. An der nächsten Biegung auf einem Reisighaufen tanzen ein paar Zaunkönige. Winzig kleine Vögel sind das, die meist zu viert oder zu fünft wie kleine Mäuse durchs Unterholz huschen. Obwohl keine gefährdete Art, sind sie doch sehr selten zu sehen. Ihr knatterndes Gezwitscher klingt, als würden sie immer über irgendwas schimpfen. Das passt so gar nicht zu ihrer zierlichen Erscheinung. Ich weiß, dass mich diese Beobachtung heute noch einige Male lächeln lassen wird. So ist das jedes Mal, wenn ich irgendein seltenes Tier, einen besonderen Baum oder eines der vielen kleinen oder großen Wunder der Natur sehe.

Wir steigen weiter in den Dunst. Am Wegesrand hat der Nachbarsbauer Holz gelagert. Dunkel, fast schwarz ist es, als würde es da schon seit Jahren liegen. Aber es sind nur einige Monate vergangen, seit die Stämme der Motorsäge zum Opfer gefallen sind. Im Frühjahr hat die Gemeinde entschieden, kein Risiko mehr einzugehen, und alle irgendwie verdächtigen Bäume umgeschnitten. Es hatte zuvor ein paar Stürme gegeben und einen Unfall mit einem umgestürzten Baum. Da hat die Gemeinde reagiert.

Die besten Stämme habe ich mir damals gleich gesichert und gekauft, sie sind schon zu Rohlingen für Schalen verarbeitet. Hier am Weg erkennt man an der Rinde und an der Maserung, dass es Eschen und Buchen sind. Nicht alle sind ausgehöhlt, morsch und erkennbar krank, aber alle sind tropfnass.

Auch wenn es im Überfluss da zu sein scheint: Wasser ist kostbar im Bergwald. Man hört es, man sieht es, man schmeckt es. Es ist allgegenwärtig. Selbst das Wasser aus den Leitungen daheim kommt aus unserem Wald. Wir verlassen uns darauf, dass es absolut sauber ist. Nichts und niemand kann unter normalen Umständen unser Wasser verschmutzen. Die Höhe und die Lage bilden einen natürlichen Schutzraum. Selbst die Kühe kommen nicht mehr ins Einzugsgebiet, und wenn das einzelne Reh mal reinpieselt, fällt das nicht weiter ins Gewicht.

Es knirscht unter den Fußsohlen, scharfkantige Steine, Splitter von rot-weißem Marmor, der nur im Regennass seine Farben spielen lässt. Die meisten Steine sind schlicht hell vom Kalk. Kalkhaltig ist auch das Wasser - kalkhaltig und sehr hart. Nichts für empfindliche Wasch- und andere Maschinen, aber für mich ist es das beste Wasser der Welt.

Das Wasser ernährt alles. Große Bäume und kleine Flechten, alltägliche Fichten und seltene Pflänzchen. Der Spaziergänger mag nur ein paar gewöhnliche Blättchen sehen, tatsächlich sind es Alpenveilchen, die im März wunderbar blühen und die Wegränder zieren. Die Matten und die Moose unter den Bäumen sind voll von schlafenden Schönheiten. Ostergras sagen wir zu dem weichen sternförmigen Moos, weil wir daraus früher Osternester gebastelt haben. Zur Schneeschmelze blühen hier überall Schneerosen, im Moment kann man sie nur an ihren typischen Blättern erkennen. Neben einem morschen Baumstamm wachsen einige Flaschenbovisten, Verwandte des Champignons. Als Kinder sind wir im Herbst immer auf sie getreten, sie sind dann aufgeplatzt, und ihre olivgrünen Sporen